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STRESS BEI INTENSIVPFLEGENDEN

 

BERNHARD A. BAYER M.A.

Fachkrankenpfleger für Anästhesie und Intensivpflege, Frankfurt a.M.

STRESS BEI INTENSIVPFLEGENDEN

Stress am Arbeitsplatz ist teuer: Fehlzeiten

und Krankheit kosten die Europäische Union

nach eigenen Angaben jedes Jahr mindestens

20 Milliarden Euro.

50 bis 60 Prozent der Fehlzeiten werden mit

Stress am Arbeitsplatz in Verbindung gebracht.

Dies ergab eine aktuelle Untersuchung in

den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union.

Nach Schätzungen der Europäischen

Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz

am Arbeitsplatz zufolge sind 40 Millionen

Menschen in der Europäischen Union

davon betroffen. Die Auswirkungen auf die

Gesundheitssysteme sind erheblich: 16 Prozent

der Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei

Männern und 22 Prozent bei Frauen in der

EU sind Schätzungen zufolge sind auf Stress

am Arbeitsplatz zurückzuführen. Arbeitsmediziner

schätzen, dass durch ein weniger

von Stress geprägtes Arbeitsfeld pro Jahr

etwa 10.000 Herzinfarkte vermieden werden

könnten. Das wären zehn Prozent aller

Fälle! Stress ist zu einem der größten Gesundheitsrisiken

in der modernen Arbeitswelt

geworden, und betrifft nicht nur Intensivpflegenden.

Dieser Vortrag versucht, aufzuzeigen

  •  Was ist Stress
  •  Wie wirkt Stress im Körper
  •  Welche Stressoren (Stress auslösende

         Faktoren) gibt es:

- Allgemein

- für die Intensivpflege

  •  Was kann gegen Stress gemacht werden:

- Vom Krankenhausträger

- Auf der Leitungsebene

- Vom Pflegepersonal

Stress in aller Munde, doch was ist Stress.

DEFINITION

Nach Mackensen´s Deutschem Wörterbuch

ist Stress: eine „ überdurchschnittliche Beanspruchung

(Belastung)", sowie eine „ Alarmreaktion".

Sie verläuft folgender Maßen:

Die Wahrnehmung des Stressreizes (1) aktiviert

über den Hypothalamus (2) das vegetative

Nervensystem, vor allem den Sympathikus

(3), so dass dann aus der Nebenniere

(Mark) (4) die Katecholamine Adrenalin und

Noradrenalin (5) in die Blutbahn ausgeschüttet

werden. Diese führen zu einer Reaktion

im Körper, um die Muskelzellen optimal zu

mit „ Brennstoff" -> Aktivierung von Fett und

Zuckerreserven, (6) Sauerstoff -> Weitstellung

der Bronchien und Blut zu versorgen

-> Pulssteigerung und Blutdruckanstieg.

Werden die aktivierten Fettreserven nicht

durch Muskelarbeit abgebaut, so setzten sie

sich als Plaques in den Blutgefäßen fest.

Etwas später wird das Hormon ACTH (Adreno-

Cortico-Tropes-Hormon) (8) von der

Hypophyse (7) aus in die Blutbahn ausgeschüttet,

das wiederum im Nebennierenmark

zur Produktion von cortikoiden Hormonen,

z.b. Cortison (9) führt, welches wiederum

das Immunsystem unterdrückt.

Unter Stress konzentriert sich das Denken

auf das Wesentliche, Kampf oder Flucht, so

dass die Denkfähigkeiten lediglich auf eine

oder wenige Gedanken gleichzeitig beschränkt

ist. Stattdessen werden automatisierte

Handlungsabläufe bevorzugt.

Es ist eine Reaktion um den Körper „ fit for

fight“ zu machen, die wir von unseren Vorfahren

 

Abb.1

geerbt haben, als es noch ums nackte

Überleben in freier Wildbahn ging. Doch bei

uns richten diese nicht abgebaute Energien

nur Schaden an.

 

 

 

 

STRESSMODELLE

Ich erspare ihnen die zahlreichen Stressmodelle

sie würden den Rahmen hier sprengen

und beschränke mich auf das Wesentliche.

STRESS UND EU-STRESS

Eu-Stress oder sogenannter positiver Stress

wird auch als „ positiver lebensnotwendiger

Stress“, der „ Freude, Glück, Zufriedenheit

„ in unser Leben bringt“ und als „ leistungssteigernd

und motivierend“, beschrieben,

wenn die Stressreaktion nur kurzfristig besteht

und sie rechtzeitig durch Erholungsphasen

abgebaut wird.

Er wird auch als Antriebsmotor für Leistung

beschrieben doch was unterscheidet ihn

vom krankmachenden Stress?

Dafür müssen wir ihn genauer beleuchten.

Mit diesem Stressreaktionsschema im Hinterkopf,

werden folgende typische Stresssymptome

und Krankheiten verständlich.

Stresssymptome:

Vegetativ-hormonelle Ebene

  •  trockener Mund
  •  Kloß im Hals
  •  flaues Gefühl im Magen
  •  Tränen
  •  Herz-Kreislauf-Beschwerden
  •  Herzrasen, Herzstolpern, auch als Tachykardie

bekannt

  • hoher (labiler) Blutdruck
  • Verdauungsbeschwerden
  • Schlafstörungen
  • chronische Müdigkeit
  • Anfälligkeit für Infektionen

Muskuläre Ebene

  •  Rücken-, Kopfschmerzen
  •  Faustballen
  •  Stottern
  •  verzerrtes Gesicht
  •  nervöse Gestik

Emotionale Ebene

  •  Schreck
  •  Panik
  •  Ärger
  •  Wut

Kognitive Ebene

  •  Gedanken, wie

o        „ Pass auf!",

o        "das schaffe ich nie",

o        "auch das noch",

o        "das geht schief"

  •  Leere im Kopf (Blackout)
  •  Denkblockaden

Wenn wir bei unseren Patienten diese Symptome

erkennen, sedieren wir in der Regel

diese stärker und geben einen H2-Blocker,

zumindest versuchen wir ihnen den Stress

zu nehmen.

Wir benötigen hierfür Stressbewältigungsstrategien,

um nicht folgende Krankheiten,

die Stress auslösen kann zu bekommen.

Krankheiten:

  •  Kreislaufstörungen
  • Herzinfarkt
  •  Magen-Darmkrankheiten
  •  Depression
  •  Atemwegserkrankungen
  •  Suchterkrankungen
  •  Konzentrationsstörungen
  •  Chron. Immunschwäche
  •  Kopfschmerzen
  •  Schlafstörungen

Stressauslösende Faktoren so genannte

Stressoren, können zu einer Stressreaktion

führen. Stressoren, die die Arbeitsmedizin

herausgefunden hat, sind die folgenden:

Physische Stressoren

  •  z. B. Lärm
  •  Kälte bzw. Hitze
  •  falsche Beleuchtung

Psychisch-mentale Stressoren

  •  Überforderung oder Unterforderung
  •  ständige Unterbrechungen
  •  unvollständige Informationen
  •  mangelhafte Rückmeldungen
  •  unklare Zielvorgaben
  •  Angst vor Misserfolg und Kontrolle
  •  hohe Verantwortung für Personen oder

                Werte

  •  ungenügende Einarbeitung
  •  unklare Zuständigkeiten

Soziale Stressoren

  •  fehlende Anerkennung und Unterstützung

                 durch Kollegen und Vorgesetzte

  • schlechtes Betriebsklima
  • Konflikte
  • Konkurrenzdruck
  •  isoliertes Arbeiten
  •  geringe Entwicklungsmöglichkeiten
  •  Diskriminierung oder Benachteiligung
  •  Kollision der Arbeitsbedingungen mit

                 Familienerfordernissen

  •  Angst vor Arbeitsplatzverlust
  •  mangelhafte Information und Beteiligung

                 am Betriebsgeschehen

Stressoren für Intensivpflegende

Es gibt leider nur wenige Untersuchungen

zum Thema Stress bei Intensivpflegenden

und die es gibt, beschränken sich hauptsächlich

auf eine kleine Stichprobe innerhalb

einer Station bzw. eines Krankenhauses.

Abgesehen von der DAK-BGW Studie von

2000, aber diese hatte über 1000 Befragte

aus allen Pflegebereichen zur Stichprobe.

UNTERSUCHUNGEN ZU STRESS BEI

INTENSIVPFLEGENDEN

Die Arbeit von Schwestern und Pflegern auf

Intensivstationen ist oft mit einer Vielzahl an

psychischen (Konfrontation mit Schwerstverletzten

oder -kranken, Tod und Sterben

Umgang mit verunsicherten und verängstigten

Angehörigen, dem Gefühl des Nichtversagen-

Dürfens) und physischen Belastungen

(Hektik, hohe Technisierung, Schichtarbeit)

verbunden. Im Folgenden sollen Untersuchungen

zu diesem Bereich genauer beleuchtet

werden.

In einer im Jahr 2000 an 1017 Pflegekräfte

durchgeführten Befragung fand die BGW

folgende Stressfaktoren heraus.

Arbeitszeit

  •  25% der Befragten leisten monatlich

                durchschnittlich 10 Überstunden.

  •  40% kommen nicht regelmäßig auf zwei

                freie Wochenenden pro Monat

  •  knapp 1/3 gab an, keinen Einfluss auf die

                Dienstplangestaltung zu haben

  •  ca. 20% arbeiten regelmäßig im Nachtdienst

                von mehr als 10 Std. Dauer

  •  50% arbeiten 4, 25% 7 und mehr Nachtschichten

                pro Monat.

  •  wenn die Mitarbeiter Einfluss auf die

                Dienstplangestaltung haben, mit der

  • Möglichkeit des Schichttausches und regelmäßig

                zwei freier Wochenenden pro

                Monat, ist die Arbeitszufriedenheit signifikant

                höher!

Körperliche Belastungen

  •  16.5% der Befragten unterliegen einer

                sehr hohen Belastung der Wirbelsäule

  •  46.2% unterliegen einer hohen Belastung,

                obwohl bei der Mehrzahl der Befragten

                eine Hebehilfe auf Station vorhanden ist,

                wird sie oft als nicht arbeitserleichternd

                empfunden, da z.B. das Herbeiholen zu

                umständlich ist.

  •  57 % der Intensivpflegekräfte empfinden

                den Geräuschpegel als belastend

  •  50% haben keinen ruhige Pausenraum
  • 90% gaben, an dass bei ihrer Arbeit

                starke Konzentration und schnelles Reagieren

                erforderlich sei, und ihre Arbeit

                weitreichende Folgen für Leben und Gesundheit

                der Patienten bedeute

  •  35% fühlen sich durch das Sterben und

                den Tod von Patienten belastet

Organisationsbedingte Belastungen

  •  88% stehen unter ständigem Zeitdruck
  • 65% müssen oft eine begonnene Arbeit

                unterbrechen

  •  weitere Belastungen wurden angegeben

                mit:

o        mangelhafte Information (16%)

o        unklare Zuständigkeiten (23%) und

o        Überforderung (10%),.

Fast 90% der Befragten gaben jedoch an,

etwas Sinnvolles zu tun, trotzdem hat mehr

als 1/5 im davorliegenden Jahr daran gedacht,

den Beruf zu wechseln.

Als Fazit aus der Studie lässt sich sagen,

„ Als entscheidend werden durchgängig

Faktoren identifiziert, die sehr stark mit der

grundsätzlichen Organisation der Arbeit auf

den Stationen zusammenhängen: Die Aufgabenvielfalt

- also die Möglichkeit, seine Fachkenntnisse

und sein berufliches Können auch

tatsächlich anzuwenden -, der Entscheidungsspielraum

- also die Möglichkeit, seine Arbeit

eigenverantwortlich planen und durchführen

zu können sowie die sozialen Beziehungen

zu den Kollegen/innen und Vorgesetzten

sind die Merkmale, die den stärksten Einfluss

auf Stress und Unzufriedenheit haben.“ [17]

Frau TRZINSKY 1998 hat zusätzlich folgende

Stressoren für Intensivpflegende herausgehoben

in ihrer Studie an vier Münchner

Intensivstationen mit 36 Befragten:

„Hinzu treten die Ambivalenzen und Vorwürfe

der seelenlosen Technik und fehlenden

Humanität. Weiter zu nennen sind die

Art der Erkrankung, der Verletzungsfolgen,

die Behandlungsverläufe und Dauer der

Behandlungen der jeweiligen PatientInnen.

Eine Sondersituation resultiert in der Intensivbehandlung

durch die unausweichliche

Konfrontation mit Bedrohung, Sterben und

Tod, also existentiellen Fragen und der Notwendigkeit

persönlicher Auseinandersetzung.“ [23]

 

Zum Stressfaktor „Umgang mit Sterbenden“

hat E.TAX et. AL. 1997 an 527 Pflegepersonen

auf verschiedenen Intensivstationen

eine Untersuchung durchgeführt. [21]

Er fand heraus, dass die Kollegen im Umgang

mit Sterbenden bei sich ein Gefühl der

Machtlosigkeit (76,6%) und der Trauer

(66,5%) und eine Konfrontation mit den

Angehörigen von Sterbenden als Belastend

erleben (81,4%).

45,3% der Pflegenden können sich in solchen

Situationen, in denen sie sich überlastet

fühlen, nicht von Kollegen ablösen lassen

und 94,6% sagen, es gäbe keine Angebote

auf ihrer Station zum Konfliktabbau!

Zum Abbau psychischer Belastungen wünschen

sich 89,9% Gespräche innerhalb des

Teams und 85,9% Seminare zum Umgang

mit Sterbenden. Bezeichnend ist auch, dass

in 93% der Fälle Intensivpflegepersonen mit

Kollegen über ihre Konfrontation mit Sterbenden

reden, aber nur 58,7% mit Ihrem

Partner und sogar nur 38,7% mit Ärzten.

Die Autoren der Studie bemerken in ihrem

Schlusswort darauf hin:

„Durch die gesellschaftliche Tabuisierung

der Thematik „ Sterben und Tod“ aber auch

durch die gleichzeitige Forderung nach humanem

Sterben, bedeutet die Sterbebegleitung

auch in Zukunft für das Pflegepersonal

eine große Herausforderung. Eine bewusste

Auseinandersetzung mit dem „ eigenen Leben

und Tod“, könnte dazu beitragen, dass

Sterbende nicht nur als Patient, sondern als

„Mensch“ mit seinem ganzen Umfeld, akzeptiert

wird.“ [21]

Resultierend lassen sich folgende Stressoren für Intensivpflegende herausfiltern:

Stressoren Für Intensivpflegende

·         Arbeitszeit

o        Häufige Überstunden

o        Schichtdienst besonders Nachtarbeit

o        Lange Arbeitsphasen

·         Körperliche Belastungen

o        Lärm

o        Heben              

·         Organisatorische Belastungen

o        Keine  Mitsprache

o        Informationsdefizite

o        Zeitdruck

·         Seelische Belastungen

o        Hohe Verantwortung

o        Umgang mit Sterbenden

o        Umgang mit Angehörigen

 

Als ein möglicher Endpunkt der Stressexposition

kennen wir das

BURNOUT-SYNDROM

Burn-out (engl. „ to burn out“) heißt übersetzt

„ ausbrennen“ und beschreibt den

inneren Zustand der Betroffenen, die depressiv

verstimmt sind, schnell ermüden

oder vereinsamen. Es ist eine mögliche

Folgeerkrankung von Stress, ähnlich Bluthochdruck

oder Herzinfarkt. (Vgl. BGWStudie,

wonach 23% der Erkrankungen von

Pflegepersonal auf Verdauungsorgane,

Kreislauferkrankungen und psychiatrische

Erkrankungen 1998 entfielen:

„Die überdurchschnittliche Bedeutung der

psychiatrischen Erkrankungen kann im Zusammenhang

mit den Befragungsergebnissen

zum Ausmaß von arbeitsbedingtem

Stress gesehen werden: Pflegekräfte sind in

hohem Maße sowohl psychomentalen als

auch organisationsbedingten psychischen

Belastungen ausgesetzt. Bei manchen Beschäftigten

führen diese Belastungen zu

Erschöpfungszuständen und vermehrten

Erkrankungen und in Extremfällen sogar zum

"Burn-out".“ [17]

Vom Burnout-Syndrom sind keinesfalls nur

Mitarbeiter in der Krankenpflege betroffen,

Auslöser können Über- und Unterforderung

sowie falsche Erwartungen sein.

Als Symptome werden in der Literatur angegeben:

emotionale Erschöpfung, das Erlebnis

der Depersonalisation und eine reduzierte

Leistungsfähigkeit. Emotionale Erschöpfung

kann dazu führen, dass im Alltag keine Höhen

und Tiefen erlebt werden können, Distanzierung

(Depersonalisation) führt parallel

zu Vereinsamung und körperliche Erschöpfung

kommt hinzu. Häufig wird die

Betroffenheit vom Burnout-Syndrom so

lange ignoriert, bis erste körperliche Beschwerden

auftreten. Dies sind meist psychosomatische

Erkrankungen wie Herzprobleme,

Magen-Darmerkrankungen u.ä., die

die Betroffenen professionelle Hilfe suchen

lassen (Psychologen, Psychiater).

Ein früher Einsatz von Bewältigungsstrategien

würde dem Burn-out entgegenwirken.

Bei der IG-Metall habe ich folgenden Fragebogen

gefunden:

[10]

 

STRESSBEWÄLTIGUNG

Klinik bzw. Führungsebene

Stress ist vermeidbar: Grundsätzlich gibt es

zwei Ansätze, um arbeitsbedingten Stress zu

mindern. Zum einen Maßnahmen, die den

Arbeitsablauf betreffen und zum anderen

personenbezogene Maßnahmen. Vorrangig

sollte Stress verhütet beziehungsweise reduziert

werden oder zusammen mit Stressbewältigungstraining

zu einem Stressmanagement

sinnvoll verknüpft werden.

Die Pflicht des Arbeitgeber ist, Schaden von

den ihnen unterstellten MA abzuwenden.

BMW sagt in ihrem Leitbild „ Unserer Mitarbeiter

sind unser Kapital".

Es gibt zahlreiche Beispiele aus der Wirtschaft

zB. IBM Deutschland, die Stress als

Störfaktor, und die wirtschaftliche Bedeutung

von stressinduzierten Krankheiten in

ihrem Arbeitsablauf erkannt haben und

dagegensteuern.

Dabei gibt es klare Vorgaben für den Arbeitgeber:

  •  Arbeitsschutzgesetz
  •  Arbeitszeitgesetz
  •  Unfallverhütungsvorschrift
  • Arbeitsplatzverordnung

Als Ansprechpartner möchte ich hier und

heute die Stationsleitungen unter Ihnen

herausnehmen und verdeutlichen, was Sie

tun können, um den Stress Ihrer Mitarbeiter

zu erkennen und zu reduzieren.

Lassen Sie mich das Zitat von Frau

Zietzschmann voran stellen:

„Ohne angemessene Führung sinkt die Arbeitszufriedenheit

der Mitarbeiter und das

Betriebsklima in Gefahr." [29]

Ein schlechtes Arbeitsklima äußert sich in

hoher Personalfluktuation, häufigen Krankmeldungen,

geringer Leistungsbereitschaft

und allgemeiner Unzufriedenheit in der

Belegschaft. Diese Faktoren spiegeln sich in

der Qualität der Pflege wieder.

Was steigert die Zufriedenheit der Mitarbeiter?

Erfolge und Ziele, die durch eigene Leistung

erreicht werden

  •  Anerkennung und Lob
  • Klare Aufgabenstellung und interessante

                Arbeit

  •  Verantwortung für den eigenen Bereich
  •  Möglichkeiten zur Weiterentwicklung

                und persönlicher Lernerfolg

  • Möglichkeiten zum Aufstieg und Beförderung

[29]

Daraus ergeben sich folgende Forderungen

an die Stationsleitung:

  •  Stressniveau auf Station erkennen
  • Schwachpunkte im Stationsablauf erkennen
    • Stationablauf optimieren
    • Diensplangestaltung
    • Arbeitsaufwand auf alle gleichmäßig
    • verteilen
  •  Einarbeitung neuer Mitarbeiter
  •  Pflegestandards
  •  Hinzuziehen von prof. Hilfe, für schwierige

                 Fälle (z.B. Supervision)

  •  Umgang mit Sterbenden
  •  Probleme mit Angehörigen
  •  Der schwierige Patient…
  •  Kollegialen Führungsstil , der es den Mitarbeitern
  • ermöglicht Mitsprache zu haben.
  • Bereiche an Mitarbeiter eigenveratwortlich
  • abgeben (z.B. Geräteeinweisung)

Sie werden mich sicherlich fragen, was für

einen Nutzen diese zusätzlichen Massnahmen

für den Betrieb Krankenhaus hat.

Wie wir bereits gehört haben, macht Stress

krank, und seine Auswirkungen auf den

Mitarbeiter, bzw. seine Leistung sind teuer

für den Betrieb!

Wenn es gelingt Stress, den der Mitarbeiter

erlebt, abzubauen, reduzieren wir gleichzeitig

die Kosten für Arbeitsausfall infolge von

Krankheit und Arbeitsunfälle, sowie die Kosten

für immer neu einzustellende Mitarbeiter

und steigern gleichzeitig Effizienz und

Qualität. Diese Effizienz und Qualität, werden

in Zukunft im wirtschaftlichen Überleben

eines Krankenhauses eine entscheidende

Rolle spielen.

Team

Die Unterstützung des Teams durch die

Führung, die Wertschätzung der Tätigkeit

des einzelnen Mitarbeiters in einer besonderen

Form und vor allem individuelles Lob

sind stressvermindernde Möglichkeiten, die

wirkungsvoll und relativ kostenneutral sind.

Daneben gehört auch eine individuell gestaltete

Einarbeitung, die die Mitarbeiter in

die Lage versetzt, die anfallende Arbeit effizient

und professionell zu erledigen.

TRZINCKI 1998 beschreibt die Vorraussetzungen

dafür, dass das Team Belastungen

abbauen kann, mit: „ ... ein gutes soziales

Klima, ein ausgeglichenes Qualifikationsniveau

und das Gefühl, sich aufeinander verlassen

zu können ...“. [23]

Bevor ich zu den persönlichen Strategien

komme, lassen sie mich meinen Namenspatron

zitieren, der in einem Brief an Papst

Eugen folgendes geschrieben hat:

„Wenn Du Dein ganzes Leben und Erleben

völlig ins Tätigsein verlegst und keinen Raum

mehr für Besinnung vorsiehst, soll ich Dich

da loben? Wie kannst Du voll und echt

Mensch sein, wenn Du Dich selbst verloren

hast? Damit Deine Menschlichkeit allumfassend

und vollkommen sein kann, musst Du

also nicht nur für die anderen, sondern auch

für Dich selbst ein aufmerksames Herz haben.

Denk´ also daran: Gönne Dich Dir

selbst.“

(Bernhard von Clairvaux an Papst Eugen)

Persönlich

Als letzter und wichtigster Punkt in der

Stressbewältigung, kommt nun die Antwort

auf die Frage „Was kann jeder einzelne tun,

um Stress abzubauen, bzw. ihm besser gegenübertreten

zu können“.

Eine erfolgreiche Stressbewältigung sollte

problembezogen sein, d.h. der Betroffene

sollte die Situation analysieren, mögliche

Stressoren herausfinden und Wege finden

diese zu beseitigen. Falls dies momentan

nicht möglich ist, sollte er dies akzeptieren

und sich evtl. von der Situation trennen,

wenn eine akzeptable Lösung nicht erreicht

werden kann.

Ø        Die effektivste Art, die durch die Stressreaktion

aufgestauten Energien abzubauen,

scheint körperliche Aktivität zu sein (z.B.

Sport).

Ø       Entspannungsübungen, wie autogenes

Training, in kleinen Pausen, über den Tag

verteilt, sowie ausreichender Nachtschlaf,

helfen Stress aktiv abzubauen. Oft hilft

auch schon für kurze Zeit tief durchzuatmen

und sich auf das Atmen zu konzentrieren.

Ø       Eine gute Arbeitsorganisation inklusive

einem realistischen Tagesplan mit Zeiten

für Entspannung, Schlaf, sozialen Kontakten

und einer täglichen Liste zu erledigender

Aufgaben und trägt dazu bei,

Stress nicht so leicht aufkommen zu lassen.

Ø       Prioritäten und Grenzen helfen darüber

hinaus, die Arbeit effektiver zu organisieren.

Ø       Eine realistische Einschätzung eigener

Fähigkeiten in die zu leistenden Aufgaben

können Überforderung und Demotivation

verhindern.

Ø        Ausgleichsaktivitäten (Hobbies, Spaziergänge,

sich etwas Gutes gönnen etc.)

sind ein gutes Gegenmittel gegen die tägliche

Hektik.

Ø        Das eigene Selbstwertgefühl sollte gestärkt

werden, wer seine eigene Fähigkeiten

realistisch einschätzen kann, Übernimmt

sich nicht so leicht.

Ø       Erwerb neuer Kompetenzen (Fort- und

Weiterbildung z.B.. Zeitmanagement, soziale

Fähigkeiten ...

Ø        Aussprache bei Konflikten zur Klärung

hatten wir bereits erwähnt

Ø        Die Anforderung von Hilfe sowie Gespräche

mit Vorgesetzten dienen der Information

über Probleme bzw. Überforderungen

und bahnen rechtzeitig Lösungsmöglichkeiten

an, ohne Stress erst

auskommen zu lassen.

ZUSAMMENFASSUNG

Durch einen fortschreitenden Rationalisierungszwang

wird der Arbeitsaufwand und

der Arbeitskräftemangel in der Pflege auf

Intensivstationen sich noch verstärken.

Deshalb und um nicht völlig „ auszubrennen“

bzw. an der Arbeit krank zu werden,

wird es in Zukunft stärker von Nöten sein,

sich über seine Einstellung zur Arbeit, mögliche

Stressfaktoren, eigene Ziele und eigene

Motivationen besser vertraut zu machen um

mögliche Stressfaktoren zu beeinflussen

oder neu zu bewerten.

Vor allem müssen wir in Zeiten geringer

werdender Ressourcen hinkommen zu einer

noch professionelleren Pflege mit klaren

Zielen und gut strukturierten, wohldurchdachten

Arbeitsabläufen.

Ebenso sollten alle Kollegen in die Lage

versetzt werden belastende Stressoren zu

erkennen, denen sie ausgesetzt sind und

geeigneten Maßnahmen erlernen, um diesen

zu begegnen.

Leider musste der Aspekt außer Acht gelassen

werden, dass wir mit/an Menschen

arbeiten, die an in unserer Obhut auch

Stress, meist sogar in erheblichem Maß,

ausgesetzt sind.

Besonders interessant hierbei wäre, in wieweit

gestresste Schwestern/Pfleger den

Stress für den Patienten erhöhen oder dessen

Genesung behindern.

 


 

Abb.1 Bildquelle: nach Müller-Limmroth 1981; aus: Margit Freigang, Gesundheitsschutz im Betrieb, Bund-Verlag

Literatur:

1.                   Arnold,Wilhelm, Prof, Eyseneck, Hans-Jürgen, Prof, Meili, Richard, Prof.,  “Lexikon der Psychologie”,Herderverlag Freiburg . Basel. Wien, 1987,

2.                   Birkenbihl, Vera, “Stress im Griff“, Goldmann Verlag München,1977

3.                   Clothier, Jeffrey L. MD; “Biology of Stress “; http://www.uams.edu/department_of_psychiatry/syllabus/stress/stress97.htm;  19.8.1997.

4.                   Danskin, David G. Ph.D., «  Stress, The Doctor told me that my stress caused my … (headaches, insomnia, burning stomach,4 or whatever your symptoms are), http://www.ksu/counseling/drstress.html; 8/2000

5.                   Dorfmüller, Monika, „Belastungsfaktoren in der Intensivflege “, PLEXUS(4/98,S12/13);

6.                   Fischer, Jürgen; „Stressmechanismen und Möglichkeiten zur Stressvermeidung“; in: INTENSIV 2000,8,S.69-74;                Georg Thieme Verlag Stuttgart, New York.

7.                   Fischer, Karl-Heinz;          „Damit einem nicht die Luft ausgeht“;            http://www.pflegenet.com/einblicke/luft.html  14.5.1999

8.                    Fitzgerald,  Marlies, Mag. Dr. ; „Grenzen der  Belastbarkeit”;  http://www.beginn.st/pflegeserver/pflgrel/belastbar.htm.

9.                   Görnert, Oliver, „ Belastungen auf einer Intensivstation“, unveröff. Arbeit zum Stationsleistungskurs

10.                IG-Metall, „Gesünder Arbeiten“; Augabe 12/2001, Frankfurt/Main

11.                http://www.schulleitung.de/sl/konflikte/grundlagen/i611.htm

12.                Ivf.com, „Stress management, What is Stress“, http://www.if.com/stress.html ;2000

13.                König, Birgit, “Stressbewältigung aus gesundheitspsychologischer Sicht: Aktivierung- und Entspannungsphasen müssen ausgewogen sein“, PFLEGEZITSCHRIFT 11/2000 739-742

14.                Lazarus,R.S.,”Psychological Stress and the Coping Process »,London 1966

15.                Löser, Angela; “Hilfe ich brenne”; in PFLEGEZEITSCHRIFT  9/1998,S.681-686;

16.                Mackenen, Lutz Prof.Dr., „Deutsches Wörterbuch“, Rowohl Verlag Hamburg 1977 9

17.                Rais, Bernhard; „DAK-BGW Gesundheitsreport 2000 Krankenpflege (Kurzreport)“; http://www.VerbraucherNews.de/artikel/0000006829.html  22.12.2000.

18.                Rotondo, Roberto;             „Psychische Belastungen in der Intensivmedizin“; http://www.robertorotondo.de/rotondo/seminare_fortbildungen/bela_int.html 24.12.2000

19.                Rundnagel, Regine, „Praktische Tips: Streßbewältigund im Arbeitsalltag“, “, http://www.sozialnetz-hessen.de/ergo-online/Ges-Vorsorge/stress-bewaelt.htm;  27.8.1998*

20.                Spiers, Carol;  “Stress to breaking point”; http://www.stress.org.uk/tuc.htm; 16.5.1999

21.                Tax, E., Schelischansky, T. Kapeller, C. „Der Umgang mit Sterbenden“, INTENSIV 5 (1997)  90-97, Georg Thieme Verlag Stuttgart. New York,

22.                Trossman, Susan, „ Stress! – It’s everywhere! And it can be managed”, http://www.nursingworld.org/tan/julaug99/stress.htm;  July / August 1999

23.                Trzcinski, Hella, „Stressbelastung des Pflegepersonals auf der Intensivstation“, INTENSIV 6 (1998) 222-227, Georg Thieme Verlag Stuttgart. New York,

24.                Verheyen-Cronau, Ida; „Es gibt Hilfe bei Burnout“; PFLEGEZEITSCHRIFT  11/2000, S-743-747;

25.                Wittig-Goetz, „Grundwissen: Arbeitsgestaltung nach DIN EN ISO 9241-2“, “, http://www.sozialnetz-hessen.de/ergo-online/Arbeitsorg/G-Arbgest-iso.htm;  27.12.2000*

26.                Wittig-Goetz, Ulla, „Grundwissen: Psychische Belastung und Stress“, http://www.sozialnetz-hessen.de/ergo-online/Krank-beschw/G_Psych-bel.htm; 22.8.1998*

27.                Wittig-Goetz, Ulla, Rundnagel, Regine, „Grundwissen: Stress am Arbeitsplatz und seine Folgen“, http://www.sozialnetz-hessen.de/ergo-online/Krank-beschw/g_stress.htm; 27.8.1998*

28.                Yamauchi, Kent T. Ph.D.,  „Stressmanagment: Ten selfcare techniques“, http://ucc.ut.edu/stydysk/stresmgt.html ;1998

29.                Zietschmann, Helga, „Konflikte am Arbeitsplatz“;Schattauer 2000

 

 

* Webseiten nicht mehr im Netz, liegen dem Verfasser vor.

 

 

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